Wie sind Sie mit dem Zeitdruck umgegangen?
P.H.: Für den Bau des Maschinenhauses wurden in weniger als 30 Monaten rund 53.000 m3 Beton, 98.000 m2 Schalung und 6.200 t Bewehrung benötigt. Für den Bau der Wand-, Boden- und Deckenelemente wurde in der Regel selbstverdichtender Beton verwendet. Als Zuschlagstoff diente das während des Aushubs gewonnene Aushubmaterial, das in der Kiesgrube der Baustelle verwertet und zerkleinert wurde.
Diese Herausforderung konnte das Groupement GMI dank der täglichen Unterstützung des gesamten WSP-Projektteams bewältigen, das fristgerecht über 1'300 Pläne und 2'000 Eisenlisten lieferte - und das alles in neunfacher Ausführung! Für diesen Anlass wurde ein spezielles Team gebildet, das aus 33 Mitarbeitern der Büros in Lausanne und Sion bestand, aber auch unsere Kollegen aus Aix-les-Bains sowie unsere Partner bei PRA Ingénieurs Conseils und Next Draw, um unsere Planproduktionskapazität anzukurbeln.
Und wie haben Sie die Bauleitung organisiert?
P.H.: Im Rahmen der Beteiligung an der Bauleitung war WSP von Januar 2013 bis Dezember 2018 durchgehend auf der Baustelle in Châtelard präsent. Während dieser Zeit waren bis zu fünf Vollzeit-WSP-Mitarbeiter im Einsatz, die ihre technische, administrative und sprachliche Expertise einbrachten, um den reibungslosen Ablauf der Arbeiten in einem anspruchsvollen klimatischen Umfeld bei einem außergewöhnlichen, internationalen und mehrsprachigen Projekt zu gewährleisten.
Unsere Experten und Expertinnen waren während der gesamten Dauer unseres Mandats auch auf der Baustelle tätig, um den Bauherrn und die Unternehmen bei spezifischen Themen zu begleiten, wie z. B. bei den Injektionen der Absaugungen und Spiralplanen oder der Teilnahme an der Überwachung der Füllung der Wasserwege.
Ein Wort zum Abschluss?
P.H.: Dieses kühne und innovative Projekt im Dienste von Mensch und Umwelt entspricht voll und ganz der DNA von WSP, und wir sind sehr stolz und dankbar, dass wir eine Schlüsselrolle bei seiner erfolgreichen Umsetzung spielen durften.
BELÜFTUNG - Ein Gespräch mit Stéphane Lévy, Maschinenbauingenieur und Spezialist für Energie und Strömungsmechanik
Wie lautete Ihr Auftrag im Bereich Belüftung des Nant de Drance-Komplexes?
Stéphane Lévy: Obwohl der Wasserkreislauf als aktiver Energieträger (Pumpen oder Turbinieren) die Hauptachse dieses Wasserkraftwerks darstellt, ist auch die Luft ein wichtiges Fluid für den reibungslosen Betrieb des Kraftwerks und die Sicherheit der Personen. Unser Auftrag bestand darin, die für die Anwesenheit von Menschen erforderliche Luftqualität und -quantität zu gewährleisten, die Temperatur und Feuchtigkeit für die elektrischen Geräte zu regulieren und die Rauchabfuhr in Brandsituationen zu ermöglichen. Dies alles in einem komplexen Netzwerk von Galerien und Höhlen mit beträchtlichen Ausmassen.
Welche Rolle spielt die Belüftung in einem so komplexen Projekt, das vielen Einschränkungen unterliegt?
Stéphane Lévy: Angesichts der geografischen Lage des Bauwerks und der begrenzten Anzahl von Verbindungen nach aussen spielt die Belüftung eine entscheidende Rolle für die Sicherheit der Menschen und die Aufrechterhaltung angemessener Umgebungsbedingungen. Bei WSP haben wir alles dafür getan, dass dem Pumpspeicherkraftwerk Nant de Drance sozusagen nie die Luft ausgeht (lacht).
Welchen Ansatz haben Sie gewählt, um die Belüftung der Galerien zu gewährleisten?
Stéphane Lévy: Das Systemkonzept, das dank unserem Know-how in der Tunnellüftung realisiert werden konnte, ermöglicht die zuverlässige Luftzirkulation in den Haupt- und Nebenstollen und sorgt gleichzeitig für eine effiziente Energienutzung. Die von den Turbinen erzeugte Energie soll ja nicht für den Betrieb der Anlage verbraucht werden, sondern ins Netz eingespeist werden! (lacht).
Konkret beginnt der Luftkreislauf am tiefsten Punkt des Kraftwerks: Die Luft wird durch das Talportal (Châtelard) angesaugt und zirkuliert in den Hauptstollen in Richtung Bergportal – über eine Strecke von 9,6 km ohne Verbindung zur Aussenwelt. Die Luftbewegung wird durch zwei Ventilatoren mit einem Durchmesser von 2 m generiert, die sich in der Nähe des Oberportals (Vieux Emosson) befinden. Ein Ventilator ist ständig in Betrieb, der andere wird als Redundanz oder für den Rauchabzug im Entrauchungsmodus verwendet.
Wie stand es um die Belüftung der Kavernen?
Stéphane Lévy: Die Hauptkavernen liegen an der Biegung einer Erweiterung, nach 5,5 km Stollen. Der regelmässige Luftstrom im Stollen wird aufgefangen und in Richtung der Maschinen- und Transformatorenkavernen geleitet. Dort wird sie gekühlt und entfeuchtet, bevor sie über ein anspruchsvolles Kanalnetz in die 400 Räume der Kavernen verteilt wird. Insgesamt werden 21 zentrale Luftaufbereitungsanlagen und über 6000 m Luftkanäle eingesetzt, um die erforderlichen Luftströme in den Räumen zu gewährleisten.
Da jeder Raum eigene Anforderungen an den Luftaustausch (Verdünnung von Staub, explosiven/toxischen Dämpfen) oder die zulässigen Temperaturen stellt, war eine individuelle Dimensionierung durch WSP erforderlich. Diese Entwicklung wurde in direkter Abstimmung mit den anderen am Projekt beteiligten Spezialisten durchgeführt, insbesondere mit dem Bauingenieurwesen im Bereich der Durchbrüche.
Und wie wurde das Thermomanagement gelöst?
Stéphane Lévy: Tatsächlich kann es aufgrund der hohen elektrischen Leistung, die durch das Kraftwerk fliesst (900 MW), in bestimmten Räumen zu einer erheblichen Wärmeabstrahlung kommen. Daher wird ein zusätzliches Kühlsystem eingesetzt. Dieses entspringt dem hydraulischen Hauptnetz des Kraftwerks – den Druckleitungen –, um dessen begrenzte Temperatur (ca. 4°C) zu nutzen. Er versorgt einen Wärmetauscher mit einer Leistung von 1.750 kW, der über Klimaanlagen und Kühlschränke die Kälteverteilung in den benötigten Räumen übernehmen kann.
Das Kraftwerk läuft das ganze Jahr über – welche Massnahmen sind für den Winter vorgesehen?
Stéphane Lévy: Aufgrund der eisigen Temperaturen, die in dieser alpinen Umgebung herrschen (-17 °C), besteht die Gefahr, dass die Fahrbahn gefriert, was die Zugangsbedingungen zum Châtelard-Portal verschlechtern könnte. Daher musste eine Heizung vorgesehen werden. Das von WSP entwickelte Konzept verbindet Ökologie mit erheblichen Einsparungen, da anstelle einer Strom- oder Ölanlage das vom Bergmassiv abfliessende Wasser genutzt wird. Das Wasser wird hochgepumpt und in einen Wärmetauscher mit einer thermischen Leistung von 2’000 kW eingespeist, der so die durchströmende Luft vorwärmen kann.
Wie sieht es mit der Rauchentwicklung aus, insbesondere im Falle eines Brandes?
Stéphane Lévy: Da das Pumpspeicherkraftwerk Nant de Drance vollständig unterirdisch liegt, ist die Rauchentwicklung im Brandfall von entscheidender Bedeutung, um die Sicherheit der vor Ort anwesenden Personen zu gewährleisten und Schäden an der Ausrüstung zu begrenzen. Es versteht sich von selbst, dass die Sicherheit der Menschen an erster Stelle steht. Die Entfernungen, die zurückgelegt werden müssen, um sich in Sicherheit zu bringen, entsprechen dem Ausmass dieses Mammutprojekts: deshalb gibt es zwei Überlebensräume, in denen sich die anwesenden Personen in Sicherheit bringen und auf Hilfe warten können.
Aus naheliegenden wirtschaftlichen Gründen und um die Netzstabilität zu gewährleisten, muss die Produktion so schnell wie möglich wieder aufgenommen werden können. Stollenbrände werden deshalb von der eigens dafür vorgesehenen Lüftung gesteuert, deren Entrauchungsmodus durch den vollen Einsatz beider Ventilatoren aktiviert werden kann. In einer solchen Situation werden die Kavernen vom Rest der Stollen isoliert, so dass der Betrieb des Kraftwerks fortgesetzt werden kann.
Ähnlich wie in einem Gebäude würde ein Brand im Raum einer Kaverne zur Bildung eines Brandabschnitts führen. Deshalb wurden spezielle Systeme eingerichtet, wie z. B. Löschgas-Anlagen oder Druckerhöhung in den Treppenhäusern. Es wurde ebenfalls ein eigener Rauchabzug für den Maschinenraum entwickelt, der gemeinsam mit der Tunnelbelüftung genutzt wird und mithilfe von digitalen 3D-Brandsimulationen überprüft wurde.
Welches ist das Wertversprechen von WSP?
Stéphane Lévy: Der Betriebshorizont des Kraftwerks Nant de Drance verlangte von uns ein optimales Management der Energieressourcen. WSP hat deshalb Lösungen umgesetzt, die langfristig erhebliche Einsparungen ermöglichen: Begrenzung der Leistung der Ventilatoren, Nutzung des Wassers aus dem Bergmassiv zur Vorwärmung der Luft am Portal und Kühlung der elektrischen Anlagen mit Wasser aus dem Emosson-See.
GEBÄUDETECHNIK - Interview mit Loann Barillec, Master of Engineering in Electrical Engineering.
Das Pumpspeicherkraftwerk besteht aus einer ganzen Reihe von Gebäuden...
Loann Barillec: Ja, wie bei allem anderen auch, sind die Gebäude ein Spiegelbild der Größe des Projekts!!! (lächelt). Konkret gibt es auf dem Gelände zahlreiche Höhlen und Galerien, in denen mehr als 10 technische Gebäude untergebracht sind. Diese bestehen aus Räumen, in denen Kontrollräume, Transformatoren, Lüftungszentralen und vieles mehr untergebracht sind. Das von seiner Größe her imposanteste Gebäude wurde in der Maschinenhalle errichtet: Es ist fast 200 m lang, hat 8 Stockwerke und beherbergt fast 400 technische Räume!!!
Was waren angesichts solcher Zahlen die größten Herausforderungen für die Gebäudetechnik?
Loann Barillec: Da es sich um eine vollständig unterirdische Infrastruktur in großer Tiefe handelt, ist es unerlässlich, jederzeit lebenswerte und sichere Bedingungen für Menschen und Produktionsanlagen zu gewährleisten. Dazu gehören Licht, Lufterneuerung, Branderkennung und Überlebensräume für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die auf der Baustelle arbeiten.
Zu diesem Zweck haben wir neben den nicht normgerechten Belüftungssystemen auch die Konzepte für die Anlagen zur Regulierung und zentralen Gebäudeverwaltung (ZGV), die Niederspannungs-Stromverteilung, die Beleuchtung und die Hydraulikkreisläufe entwickelt, die die Klimatisierung der Gebäude ermöglichen.
Wie sieht es mit der Sicherheit der Menschen aus?
Loann Barillec: Unsere Teams haben auch die Konzepte für die automatische Brandmeldung und -löschung, die Evakuierungssignalisierung und die Geolokalisierung von Personen in der Zentrale entwickelt. Wie im Abschnitt über die Belüftung erwähnt, wurden im Falle eines Zwischenfalls spezielle Räume geschaffen, die das Überleben der auf dem Gelände eingeschlossenen Personen ermöglichen. Diese enthalten alle Luftaufbereitungsanlagen, um eine vollständige Eingrenzung der anwesenden Personen zu ermöglichen.
Für all diese Systeme haben wir nicht nur die Konzepte in der Ausschreibungsphase entwickelt, sondern auch die vollständige Kontrolle der Ausführungspläne und -dokumente sowie der mit der Ausführung konformen Pläne und Dokumente sichergestellt und die Nant de Drance SA bei der Bauleitung und dem Abnahmeprozess unterstützt.
Wie sind Sie bei den Inbetriebnahmen und Leistungen der Anlagen vorgegangen?
Loann Barillec: Nachdem die Montagearbeiten abgeschlossen waren, wurde unser Büro eingeschaltet, um die Tests für die Inbetriebnahme der Anlagen zu leiten. Diese sollten zum einen sicherstellen, dass alle Betriebsarten der Systeme funktionieren und zum anderen, dass sie leistungsstark genug sind, um den tatsächlichen Anforderungen gerecht zu werden. Zu diesem Zweck wurden zuvor zahlreiche theoretische Berechnungen durchgeführt. Hier soll sichergestellt werden, dass die Realität mit der Theorie übereinstimmt und dass die Anlagen, die sich direkt auf die Turbinen auswirken, die Stromerzeugung ermöglichen können. Insgesamt fanden unter der Leitung von WSP während fast zwei Jahren über 50 Inbetriebnahmen von besonders komplexen Systemen statt!
WSP war für die Unterstützung der Bauleitung zuständig: Können Sie uns mehr darüber erzählen?
Loann Barillec : Wir unterstützten die Nant de Drance SA bei der Bauleitung durch die ständige Präsenz von Mitarbeitenden vor Ort, aber auch durch die regelmässige Überwachung der Montagearbeiten durch die Systemingenieure und Brandschutzexperten; so konnte sichergestellt werden, dass die entwickelten Konzepte und die geltenden Normen von den Unternehmen eingehalten wurden.
Wie sieht es mit dem Brandschutz aus?
Loann Barillec: Die Aufgabe unserer Brandschutzexperten bestand darin, die Nant de Drance SA bei der technischen Umsetzung der Brandschutzlösungen zu beraten und zu unterstützen, die in dem mit dem PAP-Dossier gelieferten Brandschutzkonzept vorgesehen waren. Dank unserer Erfahrung im Brandschutz begleiteten wir den Bauherrn auch bei der Aktualisierung des Brandschutzkonzepts im Zusammenhang mit der Entwicklung der VKF-Richtlinien 2015 sowie des Stands der Technik, insbesondere in Bezug auf Brandschutzabschottungen und Brandschutzklappen. Darüber hinaus war unser Büro auch in die Austauschprozesse mit der zuständigen Behörde involviert, um die notwendigen Genehmigungen für die Betriebsgenehmigung des Pumpspeicherkraftwerks zu erhalten.
Welches Fazit ziehen Sie nach Abschluss dieser Baustelle der Superlative?
Loann Barillec: Durch die Mobilisierung von fast 15 Ingenieuren über ein Jahrzehnt hinweg und die ständige Präsenz auf dem Gelände von Nant de Drance seit mehreren Jahren hat unser Büro sehr aktiv zum Erfolg des Projekts beigetragen. Entscheidende Anlagen für den Betrieb der Pumpspeichermaschinen wurden entworfen, gebaut und in Betrieb genommen, wichtige Schritte für die Erteilung der Betriebsbewilligungen für das Kraftwerk wurden unternommen: All dies dank der kundennahen Unterstützung und dem hohen Fachwissen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von WSP.
Wir danken der Nant de Drance SA* und sind stolz darauf, dass wir unsere multidisziplinäre Expertise in den Dienst eines Schlüsselprojekts für die Stabilität des europäischen Stromnetzes und die Energiewende stellen durften. Wir freuen uns schon jetzt auf die Fortsetzung unserer Zusammenarbeit in der Betriebsphase.
* Die für die Verwaltung des Wasserkraftwerks zuständige Gesellschaft ist die Nant de Drance SA, die für diesen Anlass gegründet wurde. Vier Unternehmen sind Aktionäre dieser neuen Einheit: Alpiq mit 39%, die SBB mit 36%, IWB (de) mit 15% und FMV mit 10%. Weitere Informationen: www.nant-de-drance.ch